Wie von selbst

Produktionsabläufe unterliegen ständigen Optimierungsprozessen. Zeit- und Kostendruck erfordern es, Organisationsstrukturen in der internen Logistik ständig zu überdenken und neu zu organisieren. Auch in der Glasindustrie. Mit zunehmender digitaler Vernetzung innerhalb der Unternehmen wird es auch durch den Einsatz fahrerloser Transportsysteme leichter, diese Prozesse umzusetzen.

Das Zauberwort heißt Shopfloor-Logistik. Der Mensch ist und bleibt immer noch Teil der Logistikkette. Mithilfe automatisierter Arbeitsschritte kann er fokussierter seine Aufgaben verfolgen und daher zielgerichteter arbeiten. Ablenkende Nebentätigkeiten oder Transportwege werden von mobilen, fahrerlosen Arbeitsgeräten übernommen und das nicht nur am kalten Ende der Glasherstellung.

Am Anfang steht die Analyse. Voraussetzung dafür ist, Daten zur Verfügung zu haben. Diese gilt es zu sammeln und zwar so viele wie möglich. Die Firma Hegla-Hanic GmbH & Co. KG hat für ihre Produktionslösungen die notwendigen Schritte definiert. Herausforderung in der Produktion ist die Abstimmung zwischen den Bearbeitungs- und Taktzeiten der Maschinen. Was passiert an den einzelnen Stationen, wie gut sind die Schnittstellen und wie fließend sind die Übergänge? Wie koordiniert läuft die Versorgung mit Arbeitsmaterial? In der Regel sind Maschinenparks sehr heterogen aufgestellt, bestimmte Abläufe sind „gewachsen“, Gewohnheiten haben sich etabliert, Informationen liegen gestreut vor und natürlich gibt es immer wieder ungeplante Stillstände.

Anders als gedacht
Es zeigt sich oft, dass bei genauem Hinschauen Prozesse viel komplexer ablaufen als angenommen, dabei sollen sie einfach und effizient sein. Es gilt, den Idealzustand zu definieren. Je mehr Daten das Unternehmen gesammelt hat, umso besser gelingt die Analyse. Szenarien können durchgespielt werden, an welchen Stellen die Produktion angepasst werden muss.

Hierzu müssen die betroffenen Teams die Anforderungen und den idealen Prozess beschreiben und beides mit den realen Zuständen vergleichen. Das Simulieren von Szenarien mit der entsprechenden Produktionssoftware ermöglicht es, verschiedene Lösungsansätze auszuprobieren und sich damit dem optimalen Prozess anzunähern. Fahrerlose Transportsysteme sind in diesem Kontext flexibel, auch im Hinblick auf zukünftige Anpassungen bei veränderten Anforderungen. Man muss zwangsläufig keine Produktionsstrecken mehr umgestalten.

Geopositioning in der Produktion
Fahrerlose Transportsysteme sind grundsätzlich in jeder Branche denkbar, unabhängig vom Produkt. Glas zu befördern ist dabei eine besondere Herausforderung. Die Grenzebach GmbH & Co. KG hat für diese Anwendungsfälle Lösungen parat, insbesondere für das Transportieren von Glasracks und L-Gestellen. Das ist aber nur ein Teil des digitalen Systems. Das Unternehmen hat einen eigenen Anwendungsserver als modulare Plattform entwickelt, auf dem sich sämtliche Prozesse der digitalen Produktion abbilden lassen. Alle Geräte und Maschinen des Shopfloors sind per Adapter mit dem Server verbunden. Damit lassen sich Anpassungen schnell integrieren und die daraus resultierenden Ergebnisse analysieren.

Die Menge und das Tempo der Produktion erfordern einen reibungslosen Materialfluss. Hier kommen oft die Fahrerlosen Transportsysteme mit den unterschiedlichsten Aufgaben zum Einsatz. Um die Geräte navigieren zu können, verwendet Grenzebach ein Lasersystem im gesamten Fahrbereich. Ein Navigations-Scanner tastet die Umgebung ab. Dabei erkennt er die Reflexion von Reflektoren an der Wand, die in bestimmten Abständen installiert sind. Sobald zwei oder mehr Reflektoren erkannt werden, ist das Fahrzeug in der Lage, die aktuelle Position genau zu ermitteln. Mit einem Triangulationsalgorithmus in der Steuersoftware sendet es die notwendigen Lenkbefehle. Das Unternehmen verwendet außerdem ein zweites Navigationssystem, das parallel läuft als Koppelnavigation mit Wegmesser und Winkelencoder an den Antriebsrädern. So wird das Navigieren noch präziser. Eine Karte enthält die genauen Positionen der Wandreflektoren. Alternativ ist auch eine freie Konturnavigation möglich mithilfe von installierten Sicherheitsscannern auf dem Transportsystem, ohne dass eine Sicht auf Reflektoren notwendig ist.

Luft nach oben
Laut Dipl.-Ing. Thomas Albrecht, Experte für Fahrerlose Transportsysteme beim Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML), boomt das Thema branchenübergreifend seit drei bis vier Jahren. Verglichen mit anderen Automatisierungslösungen sind FTS am flexibelsten, wenn es um die Verkettung von Produktionsprozessen geht. Sie sind schonender für das transportierte Produkt als manuell bediente Gabelstapler und unfallfrei. Allerdings muss, so lange sich Menschen im Fahrbereich aufhalten, der Nothalt gewährleistet sein, der meistens mit einem abrupten Bremsen verbunden ist. Der Anteil von FTS in der Produktgruppe der Flurförderzeuge liegt derzeit noch im niedrigen einstelligen Prozentbereich, genaue Zahlen gibt es dazu momentan (noch) nicht.
 

25.05.2019, VDMA

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