Backwaren sind beliebt und die Vielfalt weltweit ist dementsprechend groß. Ob aus dem Supermarktregal oder vom Tiefkühllieferdienst – Brot, Brötchen, Croissants, Hefeteilchen und Kuchen sind empfindliche Lebensmittel, die hohe Anforderungen an Produktionsprozesse und Verpackung stellen. So geht es auch in der Backwarenindustrie zunehmend um Automatisierung und Digitalisierung. Und auch das Thema Nachhaltigkeit ist längst in der Branche angekommen.
Ganz ohne Verpackung gibt es Brot, Brötchen und Co. meist nur in der Bäckerei. Frisch gekauft sollten die Produkte aber auch bald verzehrt werden. Bei industriell produzierten Backwaren hingegen geht es nicht ohne Verpackung. Weiche Croissants oder Kuchen beispielsweise sind besonders druckempfindlich, Gebäck ist häufig zerbrechlich. Hier sind stabile Trays gefragt, während andere Backwaren in Schlauchbeuteln sicher verpackt sind. Die Verpackung schützt aber nicht nur vor mechanischen Einflüssen: Ausgestattet mit bestimmten Barriereeigenschaften sorgt sie für längere Haltbarkeit und gleichbleibend hohe Qualität. Mit wachsender Mobilität, der Zunahme von Single-Haushalten und steigendem Außer-Haus-Verzehr sind wiederverschließbare Verpackungen für unterwegs oder kleinere Packungsgrößen gefragt. All diesen Anforderungen müssen auch nachhaltige Verpackungsmaterialien gerecht werden, die der Markt zunehmend fordert – eine echte Herausforderung für Backwaren- und Verpackungshersteller. Aber Recyclingfähigkeit, Materialreduzierung und weniger Verpackung gehören längst auch zu den Trends im Backwarenbereich und so haben Monomaterialfolien, papierbasierte Lösungen oder Kartonverpackungen mit biobasierten Beschichtungen bereits in der Branche Einzug gehalten.
Europa dominiert den Konsum von Backwaren
Statista hat die Umsätze in der Herstellung von Backwaren in der Europäischen Union für 2020 ermittelt: Demnach nehmen Deutschland mit 22,7 Milliarden Euro Umsatz und Frankreich mit 21,5 Milliarden Euro einen Spitzenplatz ein, gefolgt von Italien (6,7 Mrd. Euro), Spanien (5,8 Mrd. Euro) und Polen (4,7 Mrd. Euro). Am globalen Markt für Backwaren hat laut Mordor Intelligence Europa den größten Umsatzanteil. Nach Angaben der Marktforscher sind die entwickelten Märkte Westeuropas ausgereift und gesättigt, wenn es um Backwaren geht, während die Schwellenländer Osteuropas aufgrund der hohen Nachfrage nach Convenience-Food-Produkten insbesondere den Absatz von Keksen und Brot vorantreiben. Der europäische Backwarenmarkt sei dabei in Bezug auf die Lieferkette, die Produktpalette, die Vertriebskanäle und die Verbraucherpräferenzen gut etabliert.
Automatisierungslösungen für die Backwarenindustrie
Die Backwarenindustrie hat es zurzeit nicht leicht: Hoher Kostendruck, die steigende Produktvielfalt, veränderte Verbrauchergewohnheiten sowie die Forderung nach mehr Nachhaltigkeit stellen neue Anforderungen an Produktions- und Verpackungsprozesse. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, benötigen Backwarenhersteller daher flexible Anlagen, mit denen sie auf Markttrends reagieren können. Ohne einen höheren Automatisierungsgrad wird es in Zukunft kaum gehen. Digitale Verarbeitungs- und Verpackungsmaschinen spielen dabei eine große Rolle, ebenso die zunehmende Integration von Robotern.
Auch in der Backwarenindustrie sind die automatisierten Helfer bereits nicht mehr wegzudenken. So verpacken Pick-and-Place Roboter, ausgestattet mit den passenden Greiferwerkzeugen, auch empfindliche Produkte wie Kekse, Riegel oder andere Backwaren. Bei einem Produkt- oder Formatwechsel auf der Verpackungslinie wird nur das entsprechende Greifertool ausgewechselt. Lange Stillstandzeiten können so vermieden werden. Syntegon hat beispielsweise mit seinem Intelligent Direct Handling (IDH) ein Pick-and-Place Systems für Kekse, Cracker und Biscuits entwickelt, das dank Linearmotortechnologie für ein besonders schonendes Handling der empfindlichen Produkte sorgt. Darüber hinaus ermöglicht das System schnellere Produktionsgeschwindigkeiten, da es mehrere Produkte gleichzeitig greifen und in einem Arbeitsgang in Zuführketten oder Trays platzieren kann.
Verpackungsmaschinenhersteller R.Weiss Packaging bietet komplette Verpackungsanlagen für die Backwarenindustrie, die auf einem modularen System basieren. Damit werden für alle Verpackungsprozesse wie Aufrichten, Toploading, Sammelpacken, Verschließen, Kennzeichnen und Palettieren Standardmodule eingesetzt. Die Pickerlinien etwa bestehen aus mehreren aneinander gereihten Zellen, die je nach Anforderungen mit mehreren hintereinander montierten Delta-Pickern ausgestattet sind. Sie sind ausgelegt für das Sortieren und Verpacken von unverpackten und primärverpackten Produkten. In Reihe, vorgruppierte oder chaotisch zugeführte Produkte werden dabei von einem Kamerasystem erkannt und über ein Transportsystem dem Toploading-Bereich zugeführt.
Auch in der Endverpackung werden Roboter eingesetzt: Ein Wiener Strudelteighersteller nutzt etwa zwei Stäubli-Roboter, um der steigenden Nachfrage nachzukommen. Zu den Besonderheiten der Linie gehören die hängende Anordnung der beiden Roboter sowie der Verzicht auf einen Schutzzaun. Die Roboter des Schweizer Herstellers verpacken im 1,5-Sekunden-Takt Strudelteig für die Gastronomie: jeweils vier in Folie verpackte Gebinde mit zwei Blättern à 125 Gramm Gewicht kommen in einen Karton. Dabei greift der eine Roboter die folienverpackten Einheiten, während der andere den Karton vorbereitet.
Cobots lernen schnell
Kollaborative Roboter, so genannte Cobots, sorgen für eine noch flexiblere und schnellere Produktion. Der Verpackungsmaschinenhersteller Gerhard Schubert setzt Cobots in seinen Maschinenkonzepten für eine schnelle Zuführung unterschiedlicher Produkte ein. Die neuen, serienreifen Schubert-Cobots tog.519 eignen sich optimal, um leichte Produkte per Pick-and-Place aus der Unordnung aufzunehmen und mit bis zu 90 Takten zu verarbeiten. Die KI-gestützte Programmierung und Bildverarbeitung ist so gelöst, dass Kundinnen und Kunden einen Formatwechsel ohne Programmieraufwand in kürzester Zeit selbst durchführen können: Im Prinzip muss das neue Produkt dem Cobot nur noch hingehalten werden. Flexible Einsatzorte, eine große Vielfalt an Pick-and-Place-Aufgaben, eine hohe Prozessgeschwindigkeit und die sehr einfache Bedienung sind laut Hersteller die Vorteile dieser Cobot-Lösung.
Verschiedene recycelbare Folien auf einer Anlage nutzen
Je nach Konsistenz und Zutaten brauchen Backwaren Verpackungen mit unterschiedlichen Barrierefunktionen. Bei häufigen Produktwechseln müssen Hersteller oft schnell zwischen Schlauchbeutelfolien mit verschiedenen Eigenschaften wechseln. Schubert hat hierfür einen Flowpacker mit passender Siegeltechnologie im Portfolio. Diese ermöglicht es, sowohl recycelbare Mono-Kunststofffolien als auch papierbasierte Schlauchbeutelfolien in einer Maschine zu nutzen.
Auch interpack-Aussteller Multivac kann auf die Erfahrung aus vielfältigen Projekten in der Backwarenindustrie zurückgreifen. Diese umfassen die Handhabung unterschiedlichster Produkte wie beispielsweise Toasties, Brot oder Pfannkuchen – und individuell darauf abgestimmte Linienkonzepte. So hat das Unternehmen eine Full-Wrap-Etikettierlösung für Klappschalen aus Kunststoff entwickelt. Druckempfindliche Backwaren wie Kleingebäck, Muffins, Donuts, Tortenstücke oder ganze Kuchen werden häufig in solchen transparenten Klappschalen verpackt und diese üblicherweise von einer Kartonbanderole umschlossen. Mit dem Transportbandetikettierer von Multivac soll im Vergleich zu einer Kennzeichnung mit Kartonbanderole eine Materialeinsparung von bis zu 70 Prozent möglich sein. Das Modell mit den servogetriebenen Andrückbürsten ermögliche die C- und D-Etikettierung von bis zu 120 Packungen pro Minute bei Etikettenbreiten von bis zu 500 Millimetern. Neben einem einfachen Obenetikett kann ein Etikett C-förmig über drei Seiten oder D-förmig über alle vier Seiten einer Packung aufgebracht werden. Sowohl die C- als auch die D-Etikettierung bieten laut Hersteller den Vorteil, dass die Packung gleichzeitig versiegelt wird. Mit der neuen Full-Wrap-Etikettierlösung hat Multivac sein Angebot für das Bäckerhandwerk und die Backwarenindustrie erweitert.
Backwaren mit Highspeed produzieren
Viele Anlagen in der Backwarenindustrie arbeiten mit sehr hohen Leistungen, gleichzeitig wird eine gleichbleibend hohe Qualität erwartet. Kontinuierlich arbeitende Misch- und Knetsysteme wie die von interpack-Aussteller Zeppelin sind hierfür passende Werkzeuge, die eine Produktion von 20.000 Brezeln pro Stunde, zwei Millionen Brötchen pro Tag oder drei Tonnen Keksteig pro Stunde ermöglichen. Vor dem Verpacken müssen viele Backwaren passgenau geschnitten werden. Döinghaus bietet hier individuelle Lösungen zum Schneiden mit Ultraschall, darunter seinen Universalschneider Ultracut Nado, der runde sowie eckige Produkte schneidet. Die einzelnen Stückgrößen, Segmente und Schneidgeschwindigkeiten sind über ein intuitiv bedienbares Touchpanel frei einstellbar.
Und auch die Kölner igus GmbH, Hersteller von Kunststoffgleitlagern aus Vollkunststoff, trägt zur reibungslosen Produktion in der Backwarenherstellung bei. Ein schmierfreies Linearsystem kommt beispielsweise in einer industriellen Waffelbackanlage von Sondermaschinenbauer Walterwerk zum Einsatz. In der Anlage werden Standardwaffeln für die industrielle Eisproduktion im flachen Zustand gebacken, einer Wickelstation zugeführt und noch warm aufgerollt. Danach erfolgt der Transport über ein Förderband zum Kühlturm, ehe die Waffel im Konfektionsbereich mit einer Papiertüte versehen wird. In diesem Abschnitt kommen beim Vereinzeln und Zuführen von Papiereistüten die Linearlager aus den tribooptimierten Hochleistungspolymeren von igus zum Einsatz.