In der aktuellen Situation mit globaler Erwärmung und der für weite Teile der Welt unsicheren Versorgungslage und steigenden Kosten für fossile Brennstoffe wächst in der Glasindustrie das allgemeine Interesse an der Reduzierung von CO2.
Während die direkte Substitution durch Wasserstoff oder Biogas in einigen Anwendungen sinnvoll sein kann, kämpft sie oft mit dem Problem der Effizienz, der (noch) nicht vorhandenen Infrastruktur und der unsicheren Verfügbarkeit. Eine verstärkte Nutzung von elektrischer Energie ist hierbei ein weitere Alternative. Ausgehend von einer rein fossil beheizten Wanne ist die Einbindung von Boosting der erste Schritt in diese Richtung. Hybridkonzepte mit einem Elektroanteil von 20 % bis 80 % erscheinen als logische Folgeschritte.
Aber warum nicht den vollständigen Übergang zur elektrischen Energie? Vollelektrische Glaswannen sind alles andere als eine brandneue Erfindung. Das Schmelzen von Glas nur mit Strom hat eine lange Tradition. Heutzutage wird es vor allem für hochwertiges Glas und Spezialglas eingesetzt. Bei der Herstellung von Behälterglas verhindern bekannte Nachteile wie eine begrenzte maximale Tonnage (< 200to/d), Einschränkungen in Bezug auf Flexibilität und Scherben und eine kurze Lebensdauer, dass die vollelektrische Wanne bei den Glasherstellern an Bedeutung gewinnt.
HORN entwickelt Konzepte, um diese Barrieren für die ersten beiden Themen zu beseitigen und das vollelektrische Schmelzen zu einer interessanteren Lösung zu machen. Darüber hinaus reduziert ein modulares System beim Aufbau die Kosten für den Umbau der Wanne nach einem Lebenszyklus und auch für die Erhöhung der maximalen Kapazität für eine zweite Laufzeit.
Aufskalierung
Die am häufigsten verwendete Form für vollelektrische Wannen ist rund (achteckig oder zwölfeckig), wobei die Elektroden in der Nähe der Seitenflächen angeordnet sind. Um diese Form beizubehalten, würde eine Erhöhung der maximalen Tonnage von 60 to/d auf 200 to/d eine Änderung des Durchmessers von ca. 5 auf ca. 9 m bedeuten, wodurch sich der Abstand zwischen den Elektroden, die die Hauptquellen für die Konvektion in der Wanne sind, fast verdoppeln würde.
Durch den vergrößerten Abstand entstehen große, instabile Konvektionswalzen in der Schmelze. In der Folge ist der Schmelzprozess schwieriger zu kontrollieren, weshalb solche großen runden Wannen in der Vergangenheit erhebliche Probleme aufwiesen.
Durch den Wechsel von einer runden zu einer rechteckigen (6 x 12 m) Geometrie wird die kritische Distanz nun durch die kürzere Seite bestimmt und damit stark reduziert. Die Konvektionswalzen werden kleiner und der Prozess ist leichter zu kontrollieren.
Flexibilität
Das Hauptproblem an der Flexibilität aller Elektrowannen, sei es in Bezug auf die Tonnage oder den Scherbenanteil, ist die Gemengeschicht. Bei dem hier beschriebenen Cold-Top-Schmelzen bedeckt die Schicht die gesamte Oberfläche der Glasschmelze. Sie wirkt daher wie ein Isolator und senkt den Wärmeverlust an die Umgebung.
Wenn die Temperatur der Glasschmelze zu hoch ist, schmilzt das Gemenge zu schnell und die Schicht beginnt dünner zu werden und an einigen Stellen aufzureißen. Dies führt zu Instabilität des Prozesses und zu hohen Wärmeverlusten. Ist die Temperatur zu niedrig, steht nicht genügend Energie zur Verfügung, um das Gemenge aufzuschmelzen und das Glas ausreichend zu läutern. Außerdem nimmt die Dicke der Gemengeschicht zu. Ein Verlust an Durchlässigkeit für die im Prozess entstehenden Gase kann zu einem „Gaspolster“ zwischen dem Glas und dem Gemenge führen und einen funktionierenden Wärmeübertrag verhindern.
Um mehr Spielraum zu schaffen, vergrößert HORN die Tiefe der Wanne. Dadurch ist die Verweildauer des Glases höher und die für eine ausreichende Qualität erforderliche Temperatur kann gesenkt werden. Dies erleichtert den Prozess und bietet mehr Flexibilität beim Scherbengehalt sowie bei der Tonnage.
Modulare Geometrie
Wenn sich die Wanne dem Ende ihrer Lebensdauer nähert, muss sie repariert werden. Während Komponenten wie der Durchlass und die Wand in der Nähe der Elektroden in der Regel stark abgenutzt sind, können andere, wie der Oberbau und (bei Wannen, in denen hauptsächlich Top- oder horizontale Elektroden aktiv sind) oft auch der Boden, wiederverwendet werden.
Durch die rechteckige Form kann die Wanne leicht in Module unterteilt werden, die aus vier Elektrodenpaaren bestehen (oder Dreifachelektroden, je nach Größe). Dies ist zum Beispiel in Abb. 1 zu sehen, wo die Wanne aus drei dieser Module besteht. Wenn der Glashersteller daran interessiert ist, die maximale Kapazität für die Reparatur zu erhöhen, ist es sehr gut möglich, ein oder zwei dieser Module für den nächsten Zyklus der Wanne hinzuzufügen.
Bei einer Lebensdauer einer vollelektrischen Wanne von vier bis sechs Jahren ermöglicht dies eine flexible Erhöhung, ohne dass eine neue Wanne von Grund auf gebaut werden muss. Diese Merkmale dürften dazu beitragen, die bekannten Nachteile vollelektrischer Wannen für die Behälterglasproduktion zu mildern und die Vorteile dieser Technologie (höhere Energieeffizienz, geringere Emissionen, usw.) in den Vordergrund zu stellen.
In diesem Sinne kann das vollelektrische Schmelzen einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und den CO2-Fußabdruck zu verringern und gleichzeitig die Glasproduktion noch umweltfreundlicher zu machen.